Neue Technologie im Fußball: Halbautomatische Abseitsregelung

Die Einführung der halbautomatischen Abseitsregelung (SAOT) in der Bundesliga ist ein großer Schritt für den Fußball. Ab der Saison 2025/26 greift die Technik den Schiedsrichtern unter die Arme. Das Ziel ist mehr Genauigkeit und Klarheit auf dem Platz. Dieser Artikel erklärt euch, wie das Ganze funktioniert, was gut daran ist, wo die Kritikpunkte liegen und wie wir im Vergleich zu anderen Ligen dastehen.

Die halbautomatische Abseitsentscheidung beim Fußball.

Die halbautomatische Abseitsregelung unterstützt die Schiedsrichter jetzt auch in der Bundesliga.

Vom Pilotprojekt zur Bundesliga-Praxis: Wie SAOT eingeführt wurde

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und die Deutsche Fußball Liga (DFL) machen ernst und haben die halbautomatische Abseitsregelung zur Saison 2025/26 an den Start gebracht. Die Technik hat sich international bereits bewährt. Dafür rüsten nun auch die deutschen Stadien auf. Künftig verfolgen bei Spielen der Bundesliga und der 2. Bundesliga zwölf spezielle Kameras pro Arena die Bewegungen der Spieler ganz genau.

„[Seit der WM 2018] haben wir alles darangesetzt, die Abseitstechnologie zu verbessern. Ich spreche dabei von der Zeit, die benötigt wird, um bei knappen Abseitssituationen eine abschließende Entscheidung zu treffen, da es für die Video-Schiedsrichterassistenten schwer ist, die exakten Positionen zu ermitteln. Die halbautomatische Abseitstechnologie gibt uns jetzt die Möglichkeit, in diesen Situationen schnellere und präzisere Entscheidungen zu treffen.“
Pierluigi Collina
Vorsitzender der FIFA-Schiedsrichterkommission, Pressekonferenz der FIFA.

Dazu kommt ein besonderer Ball von Adidas. In seinem Inneren steckt ein Chip, der 500 Mal pro Sekunde Daten sendet. So wissen wir immer exakt, wo der Ball ist. Alle Informationen laufen in der VAR-Zentrale in Köln zusammen. Dort wertet man die Daten in Echtzeit aus. Der DFB peilt an, dass eine Entscheidung so nur noch etwa 25 Sekunden dauert.

So funktioniert SAOT in der Bundesliga

  • 12 Tracking-Kameras in jedem Stadion erfassen die Position
  • 29 Körperpunkte pro Spieler werden präzise gemessen
  • Ein spezieller Sensorball sendet 500 Datenpunkte pro Sekunde
  • Alle Daten fließen in die VAR-Zentrale in Köln
  • Eine Künstliche Intelligenz analysiert die Daten und generiert eine 3D-Grafik
  • Die Entscheidung wird dem Schiedsrichter innerhalb von etwa 25 Sekunden übermittelt und visuell dargestellt

Vorsprung durch Technik: Vorteile für Schiedsrichter und Fans

Die Einführung der halbautomatischen Abseitsregelung bringt verschiedene Vorteile für den Fußball mit sich. Ein Hauptpunkt, dass die Schiedsrichter präzisere Entscheidungen bei einem Abseits treffen können, insbesondere bei den oft diskutierten “Millimeter-Abseits”-Situationen. Durch die objektive Datenbasis, die SAOT liefert, sollen Fehlentscheidungen reduziert werden.

Ein weiterer Vorteil liegt ganz klar in der Effizienz. Im Vergleich zum rein manuellen VAR-Einsatz, bei dem die Linien manuell gezogen werden, sind mit SAOT weniger und kürzere Unterbrechungen des Spiels zu erwarten, wovon auch die Live Wetten der Sportwettenanbieter profitieren, weil Quoten und Wettannahmen rascher und konsistenter angepasst werden können.

Für die Zuschauer im Stadion und vor den Bildschirmen bietet die Technologie transparente 3D-Animationen in den TV-Übertragungen. Diese Grafiken visualisieren die Abseitsposition klar und verständlich. Schiedsrichter haben in der Vergangenheit oft positives Feedback gegenüber SAOT geäußert, da die objektive Datenbasis eine Entlastung darstellt und ihnen bei schwierigen Entscheidungen Sicherheit gibt.

Kritik bleibt: Technik ist nicht unfehlbar

Trotz einiger Vorteile gibt es weiterhin Kritik an der halbautomatischen Abseitsregelung. Die Diskussionen über das sogenannte „technische Abseits“ bleiben bestehen, da die präzise Technik auch dann Abseits anzeigt, wenn es für das menschliche Auge kaum wahrnehmbar ist.

Fans kritisieren teilweise eine Entfremdung vom ursprünglichen Spielgefühl, da die oft verzögerte Prüfung von Toren zu weniger spontanem Torjubel führt. Die Emotionen im Moment des Tores können durch die Wartezeit auf die technische Bestätigung gedämpft werden.

Zudem sind Fehlerquellen bei der Kalibrierung von Kameras oder des Sensorballs nicht vollständig ausgeschlossen. Zum Beispiel ist die Technik in sehr dynamischen Situationen oder bei schlechten Wetterbedingungen anfällig für Ungenauigkeiten.

⚠️ Typische Kritikpunkte:

  • Verzögerte Jubelmomente durch die technischen Prüfungen
  • Mangelnde Transparenz bei sehr komplexen Szenen für Laien
  • Abhängigkeit von der korrekten Funktion von Kamera und Software
  • Gefühl, dass “Millimeter-Abseits” dem Spiel die natürliche Flüssigkeit nimmt

Vergleich: Bundesliga vs. internationale Wettbewerbe

Die Bundesliga und 2. Bundesliga sind selbstverständlich nicht die ersten, die die SAOT-Technologien eingeführt haben. In anderen führenden Ligen, Wettbewerben und Ländern wird die halbautomatische Abseitserkennung schon länger genutzt. Hier einmal der Vergleich:

Merkmal Bundesliga (ab 2025/26) UEFA Champions League Premier League (ab 2024/25)
Einführung Saison 2025/26 Bereits im Einsatz (seit Saison 2022/23) Bereits im Einsatz (seit Saison 2024/25)
VAR-Zentrale Köln Nyon (UEFA HQ) Stockley Park (London)
Sensorball Ja (Adidas) Ja (seit 2022/23) Ja (seit 2024/25)
Entscheidungsgeschwindigkeit ca. 25 Sek. ca. 20-25 Sek. ca. 20-25 Sek.
Transparenz für Zuschauer Hoch (3D-Animation & Stadiondurchsagen) Mittel (nicht flächendeckende 3D-Animation & Stadionsdurchsagen) Hoch (3D-Animation & Stadiondurchsagen)

Technikzentrum Köln: Das Herz der Entscheidung

In der VAR-Zentrale in Köln kommt alles zusammen: Hier werden die Daten der halbautomatischen Abseitsregelung in der Bundesliga analysiert und verarbeitet. Alle Informationen der Tracking-Kameras und des Sensorballs laufen dort zusammen.

Der Ablauf ist genau definiert: Die Kameras und der Sensorball senden kontinuierlich Trackingdaten an die Zentrale. Dort verarbeitet ein Algorithmus diese Daten, um die genaue Position von Ball und Spielern zu jedem Zeitpunkt zu bestimmen.

Bei einer potenziellen Abseitssituation erstellt das System in wenigen Sekunden eine präzise 3D-Grafik. Diese wird dem Videoschiedsrichter (VAR) zur Prüfung vorgelegt, der die Informationen bewertet und seine Empfehlung an den Feldschiedsrichter übermittelt. Die DFL plant eine Transparenzoffensive, bei der öffentlich einsehbare Fallanalysen auf DFB.de veröffentlicht werden sollen, um die Entscheidungsfindung für Fans und Medien nachvollziehbar zu machen.

Zukunftsausblick: Was folgt nach SAOT?

Nach der Einführung der halbautomatischen Abseitsregelung sind weitere technologische Fortschritte im Fußball zu erwarten. Die Entwicklung von KI-gestützten Systemen geht über das Abseits hinaus. Es gibt bereits Forschungsansätze für die Analyse von Foulbewertungen und Handspielsituationen, um auch hier die Objektivität und Schnelligkeit der Entscheidungen zu erhöhen.

Eine weitere Möglichkeit besteht in der Integration dieser Systeme in Echtzeitstatistiken und Fan-Apps wie den Bundesliga Match Facts. Spieler- und Balldaten könnten so noch detaillierter und schneller den Zuschauern zur Verfügung stehen.

Doch die Debatte, wie viel Technologie der Fußball verträgt, steht weiterhin im Mittelpunkt. Es gilt, eine Balance zwischen Fairness und Authentizität des Spiels zu finden. Die halbautomatische Abseitsregelung ist dabei ein Startpunkt. Langfristig ist sogar ein vollständig automatisierter VAR denkbar, der ohne menschliche Intervention Entscheidungen trifft – doch ist das wirklich gewollt?

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